Marburg. Der Bundestagsabgeordnete Dr. Stefan Heck hatte am Montag zu einem Online-Vortrag mit anschließender Diskussion zum Thema „Ukraine-Russland-Konflikt – Deutsche Außenpolitik auf dem Prüfstand“ eingeladen. Mehr als 50 Zuhörer folgten den Ausführungen von Roderich Kiesewetter, dem Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, und beteiligten sich eifrig an der anschließenden kontroversen Diskussion. Unter den Gästen war auch Dr. Klaus Wittmann, General a.D. und ehemaliger Kommandeur der Panzerbrigade 14 in Neustadt.

Roderich Kiesewetter, der als Oberst unter anderem Büroleiter im NATO-Hauptquartier Europa in Mons/Belgien war, gab einen sehr umfassenden Einblick in den Konflikt vor den Toren Europas. „Die Gefahr atomarer Aufrüstung steigt, und damit ist der europäische Frieden in Gefahr“, sagt er gleich am Anfang. Er kritisierte die Uneinigkeit der Bundesregierung, die er als großes Problem beschrieb und er sprach dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder „jegliches Fingerspitzengefühl“ ab, da dieser sich in den Aufsichtsrat von Gazprom, dem russischen Energieriesen, wählen lassen will. Während seiner Amtszeit wurde der Bau der heute sehr umstrittenen Gaspipeline „Nord Stream 2“ zusammen mit Gazprom in die Wege geleitet. Kiesewetter betonte in diesem Zusammenhang: „Diese Pipeline ist kein rein privatwirtschaftliches Projekt. Auch wenn Bundeskanzler Olaf Scholz das heute gerne mal so einschätzt.“

Dennoch appellierte er, „dass man die neue Bundesregierung in diesem Konflikt nicht zum Scheitern bringen darf.“ Und er präsentierte auch Vorschläge, um zu deeskalieren: ein klares Bekenntnis zur Nato, eine Energieversorgung ohne Russland und eine Unterstützung der Ukraine durch Ausbildung der Abwehrkräfte. Sollte das alles nicht ausreichen, könnte er sich auch Lieferungen von Panzerabwehrraketen oder Drohnen vorstellen. Denn: „Die Ukraine verfügt über keine Hightech-Waffen. Und sie haben der Europäischen Union, Großbritannien und Amerika vertraut. Genau deshalb sollte immer wieder betont werden: wir wollen keinen Krieg.“ Zu den Helmen, die die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ins Krisengebiet schicken will, sagte Kiesewetter nur: „Auch die Ukrainer wissen schon, dass diese Helme eine Falschlieferung an die Bundeswehr waren.“

Er wünsche sich mehr den Weg der Deeskalation und vor allem eins: „Es wird in der Diskussion immer über die Ukraine entschieden, aber nicht mit ihr. Wo bleibt hier das Selbstbestimmungsrecht der Völker?“ Kiesewetter erwartet von den Großmächten, dass sie „der Anwalt der regelbasierten internationalen transatlantischen Ordnung bleiben. Die USA sind uns mental und demokratisch viel näher, als Russland.“

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