Angesichts der antisemitischen Grundhaltung vieler Corona-leugnender Teilnehmer auf Demonstrationen sowie der zahlreichen antisemitischen Vorfälle der letzten Monate appelliert die Bundestagsabgeordnete für Frankfurt, Bettina M. Wiesmann (CDU), den Kampf gegen Antisemitismus nicht oberflächlich zu führen, und fordert parteiübergreifende Zusammenarbeit.
"Es muss den Juden in Deutschland doch seltsam vorkommen: An jedem Jahrestag, der sich mit dem Holocaust befasst, stehen die Menschen betroffen da und versichern, dass so etwas 'nie wieder' geschehen dürfe. Gleichzeitig haben wir mit einem Anstieg antisemitischer Straftaten und einer in den letzten Monaten öffentlich wahrnehmbaren judenfeindlichen Grundhaltung zu kämpfen. Diesen Kampf verlieren wir, wenn er weiter oberflächlich bleibt", erklärt Wiesmann, die Vorsitzende des Bundesfachausschusses Gesellschaftlicher Zusammenhalt der CDU ist.
Allein in den letzten Monaten kamen zu den "Hygiene-Demos", auf denen "Judensterne" mit der Aufschrift "ungeimpft" und weitere Holocaustverharmlosungen zu sehen waren, zahlreiche Gewaltangriffe: ein Anschlag auf eine jüdische Kneipe in Berlin, ein Vorfall bei der Burschenschaft "Normannia", bei dem ein jüdischer Gast mit einem Gürtel geschlagen wurde, eine mit Hakenkreuzen beschmierte Synagoge in Berlin-Charlottenburg, ein Angriff auf einen jüdischen Studenten vor der Synagoge in Hamburg, judenfeindliche Sprechchöre bei einer Demo in Frankfurt sowie ein Angriff auf eine Synagoge in Essen.
"Wir können Judenfeindlichkeit nicht aus den Köpfen der Menschen löschen. Doch dort, wo Antisemitismus öffentlich zutage tritt, in Schulen, am Arbeitsplatz, auf der Straße, im ÖPNV, muss der Staat einfach durchgreifen. Das mag unerbittlich klingen, doch Judenfeindlichkeit hat vor dem Hintergrund der europäischen Geschichte eine solche Brisanz, dass man gegen ihn unbedingt vorgehen muss. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die verstärkte Unterstützung jüdischer Gemeinden und Institutionen, wie sie unsere Haushälter für den Bereich Inneres, Bauen und Heimat gestern auf den Weg gebracht haben. Hinzu kommt das umfangreiche Maßnahmenpaket, das die Bundesregierung in dieser Woche erarbeitet hat", fährt Wiesmann fort.

In seiner gestrigen Bereinigungssitzung hat der Haushaltsausschuss für den Etat des Ministeriums des Innern, Bau und Heimat ein klares Zeichen für die Unterstützung jüdischen Lebens in Deutschland gesetzt. Vom Bund gefördert werden: die "Synagoge Roonstraße" in Köln mit 42 Mio. Euro, die Errichtung des "Else Ury-Campus" am Gedenkort Gleis 17 in Berlin mit 3 Mio. Euro, die Errichtung von Bibliothek und Archiv der Stiftung Moses Mendelssohn Akademie mit 3,7 Mio. Euro sowie das Gemeindezentrum mit Synagogenraum "Weiße Gasse" in Koblenz mit 2,5 Mio Euro. Für das Projekt "1700 Jahre jüdisches Leben" wurden 5,7 Mio. Euro und für das "Jüdische Theaterschiff" in Spandau 200.000 Euro Förderung beschlossen. Der Verein "Werteinitiative" wird mit 500.000 Euro pro Jahr in die institutionelle Förderung überführt. Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung sieht mehr als 1 Mrd. Euro für den Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und weitere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit vor. Es enthält Investitionen in die Forschung, den Opferschutz und die verbesserte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden sowie die Ausweitung von Präventionsmaßnahmen, auch im Netz.
"Ich rufe meine Kollegen aller Fraktionen im Bundestag dazu auf, sich entschlossen gegen jede Ausprägung von Antisemitismus zu stellen, und das Gespräch mit den Vertretern der jüdischen Gemeinden und jüdischen Organisationen in ihren Wahlkreisen zu suchen. Sie sollen wissen, dass sie gehört werden. Auf Jahrestage zu warten, reicht nicht. Das Thema anzusprechen, wird häufig als ritualisiertes Suchen nach dem Haar in der Suppe betrachtet. Gegen diese Haltung müssen wir uns als unabhängige Volksvertreter verwahren. Die Regierung aufzufordern, das Ihrige zu tun, ist nur ein Teil der Lösung. Darüber hinaus müssen wir zivilgesellschaftliches, überparteiliches Engagement gegen Judenfeindlichkeit fördern und auch selbst immer wieder die Stimme erheben", so Wiesmann abschließend.

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