Helmut Kohl besuchte in dieser Woche die Fraktionssitzung der CDU/CSU im Deutschen Bundestag. Vor 30 Jahren wurde er erstmals zum Bundeskanzler gewählt. Der heimische Abgeordnete Helmut Heiderich beschreibt seine Begegnung mit dem Altkanzler und würdigt die Verdienst des „Ehrenbürgers Europas“.

 

Es ist schon ein besonderer Moment, als der Altkanzler - umringt von mindestens 50 Fotografen und Kamerateams - plötzlich wieder mitten drin ist, in „seiner“ Fraktion. „Wenn ich hier bin, bin ich zu Hause“, wird er später sagen. Am meisten beeindruckte mich sein klares Plädoyer für Europa. Im Angesicht der Schuldenkrise, unter der einige Mitglieder der europäischen Währungsunion zu leiden haben, fordert er uns Abgeordnete auf, für Europa zu kämpfen und die Gemeinschaft weiter auszubauen. Nur mit Europa könne man den Frieden bewahren. Meiner Fraktion riet er, mit Mut und ohne Pessimismus in die Zukunft zu gehen.

 

Später habe ich beim Empfang Gelegenheit, mit ihm persönlich zu sprechen. Er ist von Krankheit gezeichnet, kann nur langsam reden, und ist doch voll dabei. Ich spreche ihn auf meine Anfangszeit im Bundestag im Jahr 1996 in Bonn an.

 

Gut erinnere ich mich an den Tag, als Helmut Kohl vor dreißig Jahren, am 1. Oktober 1982, vom Deutsche Bundestag zum Bundeskanzler gewählt wurde. Damals litt unser Land unter hoher Arbeitslosigkeit, einer übermäßig hohen Staatsquote und unter schwachem Wirtschaftswachstum. Unter Führung von Helmut Kohl habe CDU/CSU und FDP die Politik des Landes neu ausgerichtet: Zurück zu den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, Stabilisierung der Sozialbeiträge und Sanierung des Staatshaushalts. Soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Vernunft wurden wieder miteinander verbunden. Nicht viel anders definieren sich auch heute unsere Ziele.

 

Außenpolitisch hat Helmut Kohl die Bundesrepublik Deutschland wieder fest in der westlichen Werte- und Sicherheitsgemeinschaft verankert. Sein Festhalten am NATO-Doppelbeschluss wird heute auch von damaligen Gegnern als richtig bezeichnet. Genauso unbeirrt hat Helmut Kohl am Ziel der Einheit Deutschlands festgehalten – auch und gerade in einer Zeit, als SPD und SED in Ost-Berlin gemeinsam Grundwerte ausloteten. 1989 haben die Menschen in der DDR mit der friedlichen Revolution die DDR-Diktatur überwunden. Und Helmut Kohl war es, der unbeirrt und zielstrebig die historische Chance zur Wiedervereinigung unseres Landes ergriff. Zu Recht ist er daher der „Kanzler der Einheit“.

 

Helmut Kohl konnte die Einheit bei unseren Nachbarn und Partnern auch deswegen durchsetzen, weil er seit Beginn seiner Kanzlerschaft die deutsche Politik immer in die Zusammenhänge unserer europäischen Nachbarschaft eingebettet hat. Nach der Aussöhnung mit Frankreich war für ihn die Aufnahme und Integration unserer mittel-, ost- und südosteuropäischen Nachbarn in die EU selbstverständlich. Der „Ehrenbürger Europas“ erinnerte deshalb auch vor der Fraktion daran: Die deutsche Einigung und die europäische Einigung sind zwei Seiten der gleichen Medaille.

 

Fotonachweis: „Daniel Biskup / CDU/CSU-Fraktion“.

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