Der Deutsche Bundestag hat grünes Licht für die Zustimmung des Bundesfinanzministers zu einer Anpassung des im Februar beschlossenen EFSF-Hilfsprogramms für Griechenland gegeben.

Wir haben nicht über ein neues Griechenland-Programm abgestimmt. Es handelt sich um Anpassungen am bestehenden Programm. Laufzeit und Volumen bleiben unangetastet. Der zusätzliche Finanzierungsbedarf wird aus dem Programm heraus finanziert.

Die Änderungen sind nach Auffassung der Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Wäh­rungsfonds (IWF) insbesondere aus zwei Gründen notwendig geworden. Zum einen hat sich die Konjunktur erheblich ungünstiger entwickelt als im Programm ursprünglich angenommen. Zum anderen kam es nicht zuletzt aufgrund der Neuwahlen in Griechenland zu Verzögerungen in der Umsetzung der zugesagten Maßnahmen. Die Troika hat trotz dieser nicht vorhersehbaren Entwicklungen in ihrem einvernehmlichen Bericht bestätigt, dass Griechenland ein breit gefächertes Reformprogramm, den Haushalt für 2013 und eine ambitionierte mittelfristige Haushaltsstrategie bis 2016 in zufriedenstellender Weise auf den Weg gebracht hat. Das ist ausdrücklich zu würdigen. Griechenland hat Enormes geleistet. So wurden zum Beispiel die Staatsausgaben von 2009 bis 2012 um 20 Prozent reduziert. Bezogen auf den deutschen Bundeshaushalt käme das Ausgabenkürzungen in Höhe von rund 60 Milliarden Euro gleich. Auf das Jahr gerechnet entspricht das etwa den Ausgaben des Bundes für das Arbeitslosengeld II.

Da das Hilfsprogramm notwendigerweise auch auf Einschätzungen über die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung in der Zukunft beruht, bleiben Unsicherheiten an dieser Stelle bestehen. Dies ist aber kein Merkmal des Hilfsprogramms für Griechenland alleine, sondern betrifft Haushalt- und Finanzpolitik ganz allgemein. Auch unser Bundeshaushalt wird zum Beispiel auf Basis einer Wirtschaftsprognose und einer Steuerschätzung aufgestellt, die im Vollzug regelmäßig angepasst werden müssen. Es kann immer nur darum gehen, zu jedem Zeitpunkt die beste verfügbare Einschätzung zu bekommen. In Bezug auf das Griechenlandprogramm sind dazu in der Troika die besten Fachleute vereint.

Aufgrund der verschlechterten Rahmenbedingungen schlägt die Troika vor, die haushaltspolitischen Zielvorgaben des Hilfsprogramms an die neue Lage anzupassen. Das Ziel eines Primärüberschusses (unter Vernachlässigung von Zinszahlungen sind bei einem Primärüberschuss die Staatseinnahmen höher als die Staatsausgaben) soll von 2013 auf 2014 verschoben werden, das Erreichen eines Staatsdefizits unterhalb der Maastricht-Zielmarke von 3 % des BIP von 2014 auf 2016. Nicht zuletzt muss die Schuldentragfähigkeit neu ausgelotet werden, da das ursprüngliche Ziel eines Schuldenstands von 120 % des BIP im Jahr 2020 absehbar nicht mehr erreicht werden kann.

Vor diesem Hintergrund haben sich die Finanzminister der Euro-Gruppe auf ein Maßnahmenbündel geeinigt, dass sowohl der Finanzierungslücke aufgrund der Anpassungen bei den Haushaltszielen als auch der Schuldentragfähigkeit ausreichend Rechnung trägt. Damit ist der Weg freigemacht, auf einer soliden Grundlage der Bereitstellung der nächsten Hilfstranche an Griechenland zuzustimmen. Diese wird in verschiedenen Teilraten ausgezahlt werden. Der Bundesminister der Finanzen hat uns mit seinem Schreiben vom 27. November 2012 ausführlich die Details der Anpassung des Programms erläutert, nachfolgend daher nur die wesentlichen Aspekte:

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    Griechenland wird aus dem bestehenden Programm heraus einen Schuldenrückkauf in Höhe von 10,2 Milliarden Euro umsetzen. Dazu sollen Schuldverschreibungen zurückgekauft werden, die aktuell am Sekundärmarkt deutlich unter dem Nominalwert gehandelt werden. Dies dient insbesondere der Sicherung der Schuldentragfähigkeit und ist auch für den IWF eine wesentliche Voraussetzung für seine Zustimmung.

 
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Die Laufzeiten der Kredite aus dem bilateralen Griechenland I-Paket und dem über den EFSF abgewickelten Griechenland II-Paket werden um 15 Jahre verlängert.

 
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Die Zinsen für Kredite aus dem ersten Griechenlandprogramm (die in Deutschland mit Bundesgarantie von der Kreditanstalt für Wiederaufbau ausgezahlt wurden) werden soweit gesenkt, dass die Finanzierungskosten der Kreditanstalt gerade noch gedeckt sind. Wir verzichten damit darauf, aus den Hilfen für Griechenland Gewinne zu erzielen und damit auf Zinsgewinne in Höhe von jährlich rund 130 Millionen Euro.

 
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Beim Griechenland II-Paket wird auf die bisher erhobene Garantiegebühr verzichtet, was innerhalb der EFSF aufzufangen ist. Weiterhin sollen die Zinsen auf die EFSF-Darlehen für 10 Jahre gestundet werden. Die Zinszahlungen werden von Griechenland nachgeholt und von der EFSF zwischenfinanziert.

 
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Die Gewinne der EZB, die aufgrund des Anleihekaufprogramms mit griechischen Staatspapieren entstehen, sollen künftig an das Land zurückfließen. Diese Mittel werden auf ein Sonderkonto eingezahlt. Diesem Konto fließen auch sämtliche Privatisierungserlöse zu.

Der deutsche Anteil an den EZB-Gewinnen beträgt voraussichtlich insgesamt rund 2,74 Milliarden Euro. Ab 2013 werden die Beträge, die dem jährlichen Anteil Deutschlands an den Gewinnen entsprechen (2013 rund 600 Millionen Euro), über den Bundeshaushalt an Griechenland weitergeleitet. Die Bundesbank entscheidet unabhängig darüber, welchen Betrag sie als Bundesbankgewinn an den Bundeshaushalt überweist. Aus der Gewinnübertragung entsteht daher für den Bundeshaushalt ein maximales Risiko von rund 600 Millionen Euro.

 
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Daneben wird die vorgesehene Reduzierung der „T-Bill-Finanzierung“ des griechischen Staates verschoben. T-Bills („Treasury-Bills“) sind kurzlaufende griechische Anleihen, die zuletzt im August von Griechenland an griechische Banken ausgegeben wurden. Diese können die Papiere wiederum mit Billigung der EZB bei der griechischen Zentralbank ausnahmsweise zur Refinanzierung hinterlegen. Die Entscheidung über die vorübergehende Weiterführung der T-Bill-Finanzierung fällt die EZB in ihrer geldpolitischen Unabhängigkeit.

Aus deutscher Sicht ist die vereinbarte Anpassung des Griechenland-Programms ein sehr guter Verhandlungserfolg der Bundesregierung, den wir uns nicht kleinreden lassen sollten.

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    Es gibt keinen Schuldenschnitt öffentlicher Gläubiger. Das ist wichtig, damit wir weiterhin Gewährleistungen für das Programm zur Verfügung stellen können. Das ist aber auch wichtig, um den Reformdruck weiterhin aufrechtzuerhalten. Zudem schaffen wir kein Präjudiz für andere Krisenstaaten.

 
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Die Maßnahmen werden innerhalb des bestehenden Programms finanziert. Es kommt nicht zu einem Griechenland III-Paket, das bisherige Nominalvolumen bleibt unverändert.

 
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Wir halten den Druck auf Griechenland zu Strukturreformen und Haushaltskonsolidierung aufrecht bzw. erhöhen ihn nochmals:

  • Die Einrichtung eines Sonderkontos ist auf unsere Forderung zurückzuführen.

  • Im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung wird dauerhaft eine für drei Jahre verbindliche Ausgabenobergrenze eingeführt. Es wird künftig automatisch eine Ausgabenkürzung geben, wenn die festgelegten Haushaltsziele verfehlt werden.

  • Damit dies auch in der Praxis umgesetzt werden kann, wird künftig in jedem Ministerium zunächst ein gewisser Anteil an den variablen Ausgaben gesperrt werden. Damit ist es bei Fehlentwicklungen leichter, im Verlauf eines Haushaltsjahres entsprechend mit Ausgabensenkungen gegenzusteuern.

  • Für die Zentralregierung sollen künftig mindestens 30 % von einmaligen Mehreinnahmen zur Schuldentilgung verwendet werden. Bis zu 70 % können unter Beachtung der Haushaltsziele für wachstumsfördernde und sozialpolitische Maßnahmen verwendet werden. Dies wird transparent über das Sonderkonto abgewickelt, über das Griechenland nicht ohne die Troika verfügen kann. Mit dieser Regelung belassen wir Anreize bei der Zentralregierung, einmaligen Mehreinnahmen zu realisieren, tragen aber auch zum dringend notwendigen Schuldenabbau bei.

  • Erfolgen die Privatisierungserlöse nicht in einem ausreichenden Maße, so wird im Gegenzug automatisch der zu erzielende Primärüberschuss erhöht.

Wir haben uns mit den Programmanpassungen der Realität gestellt. Gleichzeitig haben wir die Transparenz und die Kontrollen verschärft. Die Troika hat einen guten Mittelweg aufgezeigt, das Programm einerseits an die geänderten Rahmenbedingungen anzupassen, gleichzeitig aber den Reformdruck aufrechtzuerhalten.

Stabilität in der Eurozone lässt sich nicht mit dem einen großen Paukenschlag wiederherstellen. Es sind viele Einzelschritte notwendig. Davon ist die Anpassung des Hilfsprogramms für Griechenland einer. Griechenland ist und bleibt in der Pflicht. Schritt für Schritt in gegenseitiger Solidarität, nur so kann es weitergehen. Der Weg ist aufgezeichnet, und wir halten es für richtig, ihn gemeinsam weiterzugehen.

 

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