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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden Anträge, die wir jetzt beraten, haben zum Hintergrund, dass man das Kurzarbeitergeld erhöhen will, und heute Abend ist gleichzeitig ein Koalitionsausschuss, der sich mit dieser Frage beschäftigt. Das hat zur Folge, dass der Redner, der hier vorne am Rednerpult steht, vielleicht den dringenden Rat befolgen sollte, angesichts der Dynamik und der Rationalität von Koalitionsverhandlungen nicht allzu viele Ausrufezeichen zu machen, weil er dann am Ende vielleicht mit den Ausrufezeichen alleine dasteht, und das sieht ziemlich dämlich aus.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

-Na, dass ausgerechnet von der Seite der Beifall kommt, das wundert mich jetzt schon. Denn ich bin ja noch gar nicht fertig mit meiner Rede; es kommt ja noch was.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will ihnen drei Argumente nennen, die sozusagen ordnungspolitisch gegen eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes sprechen.

Das erste Argument lautet: Es gibt einen inneren Zusammenhang zwischen dem Kurzarbeitergeld und der Höhe des Arbeitslosengeldes. Es wäre ja fragwürdig, wenn das Kurzarbeitergeld deutlich höher wäre als das Arbeitslosengeld, zumal die Arbeitslosen anders als die Kurzarbeiter ja keine unmittelbare Rückkehroption auf ihre Arbeitsplätze haben. Die wären dann also doppelt bestraft, und das wäre aus Fairnessgründen nicht akzeptabel. Wir wollen das Äquivalenzprinzip hier nicht ohne Not aufheben. Wir würden nämlich im Rahmen der Arbeitslosenversicherung eine Zweiklassengesellschaft schaffen, und das wollen wir nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweitens. Viele Firmen stocken aus guten Gründen das Kurzarbeitergeld aus eigenen Mitteln auf. Das ist nachvollziehbar; es ist richtig. Sie wollen ihre guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht verlieren. Wenn wir nun das Kurzarbeitergeld aufstocken, entlassen wir die Unternehmen aus ihrer Verantwortung. Das kann man machen; das wollen wir aber nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein drittes Argument. Nicht jeder ist voll in der Kurzarbeit, also Kurzarbeit 100 Prozent, sondern viele nur zum Teil, und das schafft erneut Ungleichheiten. Ein Beispiel: Jemand, der vorher 2 000 Euro netto verdient hat, ledig und nun in voller Kurzarbeit ist, erhält 60 Prozent: 1 200 Euro netto. Ist er hingegen zu 50 Prozent in Kurzarbeit, erhält er 1 000 Euro von seinem Arbeitgeber und 600 Euro Kurzarbeitergeld, also 1 600 Euro. Erhöhen wir das Kurzarbeitergeld nun auf 80 Prozent, dann sieht die Rechnung wie folgt aus: Volle Kurzarbeit nun 1 600 Euro, 50 Prozent Kurzarbeit: 1 800 Euro. Es verringert sich also der Nettolohnabstand zwischen denjenigen, die durchgehend zu Hause bleiben, weil sie auf Kurzarbeit 100 gesetzt sind, und denjenigen, die noch zu 50 Prozent arbeiten gehen. Das setzt einen Anreiz, lieber gleich in die volle Kurzarbeit zu gehen, weil sich Arbeit im Vergleich zu Nichtarbeit nicht lohnt. Das ist aus meiner Sicht kein kluger Gedanke, und ich finde, deswegen sollten wir das auch nicht machen.

(Beifall bei der CDU/CSU - Zuruf des Abg. Dr. Matthias Bartke (SPD))

Meine Damen und Herren, das waren drei ordnungspolitische Argumente gegen das Ansinnen der beiden Anträge. Es waren keine Ausrufezeichen, es waren eher Fragezeichen in diesem Fall. Ich hoffe, dass diese Fragezeichen aus dem Plenum des Deutschen Bundestages im Kanzleramt kraftvoll widerhallen und im Koalitionsausschuss zu klugen Entscheidungen beflügeln mögen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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