1. Herr Brand, bitte vervollständigen Sie den Satz: Chef der Christdemokraten aus Hessen im Bundestag zu sein bedeutet für mich...
    Neue Chancen, mehr zu gestalten, und natürlich mehr Verantwortung. Jedenfalls macht es bislang Freude, mit den anderen MdBs aus Hessen noch enger zusammen zu arbeiten, zu koordinieren und zu führen.

  2. Was genau ist Sinn und Zweck des Zusammenschlusses, der in der öffentlichen Wahrnehmung ja kaum eine Rolle spielt - anders als etwa der ihrer bayerischen Kollegen?
    Die CSU ist eine eigene Partei, deshalb hat sie eine besondere Funktion in der Fraktion. Die CDU-Landesgruppe mit ihren 17 Abgeordneten, übrigens alle direktgewählt, ist Forum für Austausch und auch zur Durchsetzung unserer Interessen.

  3. Welches hessische Thema ist für die Landesgruppe gerade das wichtigste auf der Bundes-Agenda? Was wollen Sie in dieser Legislaturperiode unbedingt durchsetzen?
    Wir haben als CDU-Landesgruppe Hessen aber auch die CDU-Positionen im Blick. Das heißt, unser Fokus als Mitglieder im Bundestag richtet sich natürlich auf die ganze Breite der Bundespolitik, von Gesundheit über Mittelstand bis Wohnen und mehr. Mit Blick auf Hessen geht es um die großen Infrastruktur-Projekte wie Schiene oder Straße, auch um Digitalisierung von Schule, und um die Beziehungen von Hessen zum Bund. Dafür sind auch die Abgeordneten im Hessischen Landtag und die Landesregierung zuständig. Es geht also insgesamt um bessere Koordinierung, um für Hessen das Beste zu erreichen und rauszuholen.

  4. Ihre Wahl erfolgte parallel zu der des neuen Fraktionschefs Ralph Brinkhaus. Sie haben mit Michael Meister immerhin einen Staatssekretär aus dem Amt geboxt. Was sagt das über die Stimmung in der hessischen CDU aus?
    Die war nicht ganz parallel, sie war einen Tag früher. Geboxt haben wir auch nicht, sondern einen sehr offenen und kameradschaftlichen Austausch über den Kurs der Landesgruppe geführt, und dann gewählt.
    Wir Hessen haben das sehr, sehr kollegial geregelt, wie auch Ralph Brinkhaus das geschafft hat. Das ist offen und respektvoll im Stil, und neu in der Art. Und es hat in beiden Fällen Dynamik für die politische Arbeit gebracht.

  5. Verraten Sie uns, ob Annegret Kramp-Karrenbauer ihre Stimme bei der Wahl zur CDU-Chefin bekommen hat?
    Sie sind nicht der erste, der fragt, und sicher nicht der letzte, den ich auf das Wahlgeheimnis hinweise. Wir hatten starke Kandidaten, und wir haben jetzt eine starke Vorsitzende. Und die CDU, das ist das Wichtigste, ist nun auch wieder stärker, wie man am den Umfragen sieht.

  6. Wie erleben Sie Ihre Fraktion und Ihre Partei nach den Wahlen von Brinkhaus und Kramp-Karrenbauer? Würden Sie von einer Neuausrichtung sprechen?
    Es geht um andere Atmosphäre, offenen Stil, bessere Einbindung der Abgeordneten, und damit auch um bessere Ergebnisse. Wo mehr miteinander geredet wird, kommt oft die beste Lösung raus. Die Fraktion war zu lange nur als Vollzugsorgan der Regierung betrachtet worden, das war nicht mehr gut. Mit der Kombination aus hoher fachlicher Qualität, klarer Haltung und auch Offenheit bei Ralph Brinkhaus, wie übrigens auch bei Annegret Kramp-Karrenbauer, haben wir spürbar Rückenwind bekommen. Und auch die Bundeskanzlerin ist doch erkennbar entspannt. Eine gute Arbeitsatmosphäre hilft auch dabei, gute Ergebnisse hinzubekommen.

  7. Sie haben Horst Seehofer einige Male scharf attackiert. In einer gemeinsamen Fraktion nicht gerade die feine Art..
    Na, meinen Sie, das fällt einem leicht, so gegenhalten zu müssen, gegen einen Minister aus den eigenen Reihen? Das muss ja wohl Gründe haben - und die gab es. Wer erinnert sich nicht an das unsägliche Schauspiel um Herrn Maaßen und ein Detail der Migration im Sommer? Horst Seehofer hat es ohne Not auf die Spitze getrieben, so dass der Stabilitätsanker CDU/CSU, auch die Koalition insgesamt zu platzen drohte; mit allen Konsequenzen, die das für Europa in turbulenter Zeit bedeutet hätte. Und ärgerlich: Es lenkte von den Erfolgen der letzten Jahre beim Thema Migration, auch Sicherheit ab. Und „Dank“ diesem Dauer-Zoff sind konkrete Erfolge wie Entlastungen für Familien oder bessere Pflege von vielen Leuten überhaupt nicht wahrgenommen wurden.
    Da musste mal Klartext geredet werden, um endlich wieder auf vernünftigen Kurs zu kommen. Die Leute haben uns doch für verrückt erklärt, und CSU wie CDU wurden bei den beiden Landtagswahlen wegen des Theaters abgestraft. Ich bin froh, dass das vorbei ist, und ich hoffe, dass wir das nicht wieder erleben müssen.

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Zur Person:
Michael Brand, 45 Jahre, Vater von 3 Kindern, ist seit 2005 direktgewählter Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Fulda. Mit 45,2 % erreichte Brand bei der Bundestagswahl 2017 in der Direktstimme (Erststimme) das beste Ergebnis aller hessischen Abgeordneten. Von 2001 bis 2005 war er Pressesprecher der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag und der CDU Hessen in Wiesbaden.
Brand ist Sprecher für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. In den 90er Jahren lebte er in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo, half dort beim Aufbau einer Menschenrechtsorganisation zur Dokumentation von Kriegsverbrechen und der Unterstützung von Opfer des Bosnien-Krieges, insbesondere der Frauen aus Srebrenica.
2015 Michael Brand initiierte er ein fraktionsübergreifendes Gesetz zum Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe sowie zum massiven Ausbau des Ausbaus von Palliativ- und Hospizversorgung.
Am 24. September 2018 wurde Brand zum Vorsitzenden der CDU-Landesgruppe Hessen im Deutschen Bundestag gewählt.

Das Interview mit Michael Brand in der Offenbach Post als PDF-Datei:
InterviewOffenbachPost

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