Berlin/Frankfurt am Main, 17. September 2018. Der Frankfurter Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Matthias Zimmer hat sich zum Thema Organspende wie folgt geäußert:

"Die Organspende muss neu geordnet werden, keine Frage. Die bisherige Lösung ist angesichts der dramatisch niedrigen Zahlen an Organspenden nicht mehr akzeptabel. Die doppelte Widerspruchslösung, von Jens Spahn ins Gespräch gebracht, kann darauf verweisen, dass in mehreren europäischen Ländern eine ähnliche Regelung gilt. Ein Unbehagen bleibt jedoch. Der menschliche Körper wird durch die Widerspruchslösung bis zur Erklärung des Gegenteils als staatliche Verfügungsmasse betrachtet. Das ist falsch. Die Widerspruchslösung beruht auf einem problematischen Staatsverständnis, das mit Subsidiarität nicht gemein hat. Sie beruht darüber hinaus auf einem Verständnis menschlicher Freiheit und Würde, die ich ablehne: Die Dispositionsfreiheit über den eigenen Körper hat der Staat zu schützen; sie kann und darf nicht von einer Erklärung des Einzelnen abhängen. Sie ist kein staatliches Privileg, sondern vorstaatliches Recht.

Ich will eine Lösung, die die Anzahl der Organspenden erhöht, gleichzeitig aber vereinbar ist mit unserem Menschenbild und unserem Staatsverständnis als CDU. Der erste Hebel ist deshalb eine Erklärungspflicht. Ich schlage zwei Maßnahmen vor. Jeder Bewerber um einen Führerschein muss eine Erklärung zur Organspende ausfüllen, als Voraussetzung zur Zulassung für die Führerscheinprüfung. Dabei ist es unerheblich, ob er sich zum Organspender erklärt oder nicht; aber erklären muss er sich. Diese Erklärung kann jederzeit geändert werden. Darüber will ich, dass jeder Hausarzt seine Patienten über Organspenden aufklärt und sie bittet, eine Erklärung zur Organspende auszufüllen. Hier gilt: Es gibt kein „gewünschtes“ Ergebnis, die Erklärung selbst ist das gewünschte Ergebnis. Ich will, dass sich die Menschen mit der Frage der Organspende auseinandersetzen. Ihre Entscheidungsfreiheit bleibt unberührt. Eine nicht abgegebene Erklärung gilt als Ablehnung einer Organspende. Die Beratungsleistung des Hausarztes ist entsprechend zu vergüten. Dies könnte (zeitlich befristet) in den Vergütungssätzen festgehalten werden.

Ein letztes Element gehört zu dieser Entscheidungslösung dazu. Die Bereitschaft, selbst Organe zu spenden, muss auch einen positiven Effekt auf die Frage haben, wer Spenderorgane empfangen kann. Im Rahmen der Abwägung, wer eine Organspende erhält, kann die Bereitschaft, selbst zu spenden, bei Vorliegen ansonsten gleicher Dringlichkeit und gleicher Bewertung aller sonstigen Umstände den Ausschlag geben. Damit würde signalisiert: Organspenden sind ein Akt der Solidarität, und die Solidargemeinschaft der Spender ist enger gefasst als die Solidargemeinschaft der Versicherten.

Mit diesen Vorschlägen könnten wir aus meiner Sicht die Anzahl der Organspender signifikant steigern. Gleichzeitig entgehen wir den Gefahren eines Staatsverständnisses, das den menschlichen Körper als Eigentum des Staates ansieht und damit körperliche Unversehrtheit als Privileg. Aus meiner Sicht ist die körperliche Unversehrtheit ein vorstaatlich begründetes, schützenswertes Gut sui generis."

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