Berlin/Frankfurt, 20.12.2018: Ginge es nach dem Vorschlag des Frankfurter Planungsdezernenten, würde auf der Fläche gegenüber der Deutschen Nationalbibliothek ein Multifunktionskomplex entstehen, der sowohl Arbeitsräume für alle Studierenden sowie die Nutzer der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) als auch die Universitätsbibliothek der Goethe-Universität beherbergen soll.

Hierzu die Bundestagsabgeordnete Bettina M. Wiesmann (CDU): „Es ist erfreulich, dass das Planungsdezernat sich der Weiterentwicklung der Campusmeile nach langem Zögern endlich mit einem eigenen Vorstoß annimmt. Jedoch schießt der konkrete Vorschlag des Dezernenten über das Ziel hinaus und verletzt die berechtigten langfristigen Interessen der Deutschen Nationalbibliothek, eines der wichtigsten Spielers der Campusmeile, auf dessen gedeihliche Weiterentwicklung nicht verzichtet werden kann: Die Bibliothek benötigt langfristig weitere Platzreserven für ihren Kernauftrag der lückenlosen Archivierung und Verfügbarmachung deutschsprachiger Publikationen. Dafür ist ihr das Erweiterungsgelände nördlich der Adickesallee zugesagt. Alle Überlegungen zur Ausgestaltung der Campusmeile und engeren Vernetzung der Institutionen an der Meile sollten dies zugrunde legen.“

„Die Campusmeile“, führt Wiesmann aus, „soll vor allem einen räumlichen und infrastrukturellen Rahmen bieten, in dem sich wissenschaftliches und studentisches Leben besser entfalten kann. Die Kunst wird darin bestehen, Gegebenheiten und Bedürfnisse der beteiligten Institutionen so zu verbinden, dass ein Mehrwert für alle entsteht. Ein gemeinsames Wissenslabor in der Mitte der Campusmeile, das allen Studierenden und Forschenden modernste Räume, Laborplätze und Infrastruktur für vernetztes Arbeiten zur Verfügung stellt und auch einen entsprechend ausgestatteten Veranstaltungssaal umfasst, ist ein solches Projekt, das für alle Mehrwert schafft. Die Frankfurt School of Finance, die Frankfurt University of Applied Sciences und die DNB haben alle großes Interesse an einer solchen übergreifenden Einrichtung, die der kommunikative Kern der künftigen Campusmeile werden kann. Ein solches Labor kann nach Einschätzung von Experten vergleichsweise schnell errichtet und auch wieder verlagert werden; es präjudiziert nicht die Errichtung eines Magazins unter der Erde, das in dreißig Jahren voraussichtlich benötigt wird. Denkbar ist aber auch, diesen Tiefbau bereits jetzt zu errichten und zunächst als Tiefgarage zu nutzen, wie es die DNB auf der anderen Straßenseite bereits tut. Bis die Umnutzung zum Magazin anstünde, werden möglicherweise deutlich weniger Parkplätze an der Campusmeile benötigt. In jedem Fall sollten bauliche Verbindungen zur DNB geschaffen werden, z.B. eine geschlossene Fußgängerbrücke über der Kreuzung und eine unterirdische Verbindung, um die integrierte Nutzung der „Kellergeschosse“ zu ermöglichen.“

Die Frage des Standorts der UB der Goethe-Universität, so Wiesmann weiter, sei eine Frage für sich. „Natürlich sollte eine Universitätsbibliothek in möglichst großer Nähe zu den Studierenden und Forschenden stehen, wie es ja in Bockenheim auch der Fall war. Es ist daher verständlich, dass die Goethe-Uni die Gelegenheit einer großen Investitionszusage des Landes am Schopf ergreift und die Planung für einen Neubau auf dem Campus Westend vorantreibt. Gleichwohl sind wichtige Fragen ungelöst: Welche Funktionalitäten einer klassischen Zentralbibliothek werden auch in der Zukunft dauerhaft auf dem Campus benötigt? Vor allem: Was geschieht dann mit dem Kramer-Bau in Bockenheim, der als „hohler Zahn“ an exponierter Stelle, nämlich am Eingang zum Kulturcampus zurückbliebe? Bis jetzt gibt es keine belastbare Überlegung zu einer künftigen Verwendung des denkmalgeschützten Baus. Ist es nicht vorstellbar, die Magazine dort weiter zu nutzen und sich auf dem Campus Westend auf die zahlreichen Fachbibliotheken plus ein hochmodernes Kommunikations- und Informationszentrum im Norden des Universitätsgeländes zu stützen?“ fragt die Abgeordnete.

Schließlich müsse auch die Verbindung mit den Planungen der Bundesbank, die jetzt öffentlich wurden, gesehen werden. „Wenn die Bundesbank ab 2030 5000 Mitarbeiter zusätzlich an ihrem bisherigen Standort unterbringen will, muss das Auswirkungen auf die städtische Verkehrsplanung haben. Die auch für die Universität wichtige Anbindung an das städtische U-Bahn-Netz mit einer eigenen Station an der U4-Linie (Ginnheimer Kurve) erhält neue Plausibilität. Zusätzlich sollte über die Verknüpfung der Verkehre, z.B. durch ein Park-and-Ride-Parkhaus für Autos und Fahrräder im Umfeld der Station, nachgedacht werden: Es könnte zur verkehrlichen Entlastung der Campusmeile erheblich beitragen und die Voraussetzungen für die Entwicklung des Alleenrings hin zu einem Raum der Vernetzung, von Austausch und Aufenthalt verbessern“, folgert Wiesmann.

„Fazit: Gute Ideen liegen zahlreich auf dem Tisch. Es braucht eine Gesamtkonzeption, um die Entwicklungschance der Campusmeile umfassend zu nutzen“, schließt Wiesmann.

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